Pädagogische Konzeption

Inhalt

  1. Vorwort
  2. Das Profil des Kindergartens
  3. Die Rahmenbedingungen und das soziale Umfeld
    3.1. Geschichtlicher Hintergrund
    3.2. Träger, Verein
    3.3. Unmittelbare Umgebung
    3.4. Öffnungszeiten
    3.5. Räume
    3.6. Gruppen, Gruppenstärke
    3.7. Das Personal
    3.8. Einzugsbereich
    3.9. Offenheit für alle Kinder
    3.10. Aufnahmeverfahren
    3.11. Betreuungskosten
  4. Das Leitbild
    4.1. Bildungsbereiche und Entwicklungsfelder
    4.2. Bewegung und Leibesentwicklung
    4.3. Rhythmisch – musikalisch – künstlerische Bildung
    4.4. Mathematisch – naturwissenschaftliche Bildung
    4.5. Soziale Kompetenzen
    4.6. Ethisch- moralische Bildung
    4.7. Medienkompetenz
  5. Pädagogische Grundlagen des Kindergartens
    5.1. Pädagogischer Rahmen
    5.1.1. Der Kindergarten als Lebens und Lernort
    5.1.2. Die Rolle des Erziehers
    5.1.3. Das Spiel
    5.1.4. Rhythmus und Wiederholung
    5.1.5. Raum und Zeit
    5.1.6. Der Ansatz der Salutogenese im Kindergarten
    5.1.7. Gesundheit und Ernährung
    5.2. Tagesablauf
    1. Kindergarten
  6. Beteiligung von Kindern und ihre Rechte
  7. Die Rolle der Eltern im Kindergarten
    1. Erziehungspartnerschaft
    2. Elternabende
    3. Hausbesuche
    4. Öffentlichkeitsarbeit
    5. Elternmitarbeit
    6. Elternvertreter
  8. Teamleitung und Leitungsmanagement
  9. Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung
  10. Leitfaden im Konfliktfall (Beschwerdemanagement)
  11. Schlusswort

1. Vorwort

Mit dieser Konzeption beschreiben wir die Arbeit im Kindergarten, die durch verschiedene Bereiche bestimmt wird. Die Konzeption soll sowohl als Basis unserer pädagogischen Arbeit, als auch als Informations- und Gesprächsgrundlage für Eltern und andere Interessierte dienen. Das in dieser Schrift Beinhaltete ist eine Arbeitsgrundlage, keine endgültige Festschreibung, doch enthält sie das Wichtigste über Leben und Lernen in unserem Kindergarten.


Diese Konzeption wird bei veränderten Bedingungen und aufgrund neuer Erfahrungen stetig verändert und ergänzt. Deshalb sind wir als Team an einem regen Gedankenaustausch mit den Eltern und dem Vorstand interessiert.
Die Erziehung von Kindern ist und bleibt vorrangig die Aufgabe der Familien. Eltern, die ihre Kinder lieben und mit ihnen lachen, die ihre Kinder ernst nehmen und sich Zeit zum Spielen nehmen, sind daher durch nichts zu ersetzen.
Betreuung und Erziehung im Kindergarten kann die Erziehung in den Familien nur unterstützen und ergänzen. Ihre Bedeutung hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen, denn Tagesbetreuung vermittelt den Kontakt zu Gleichaltrigen und immer mehr Familien sind darauf angewiesen, da beide Elternteile arbeiten gehen.
Der Waldorfkindergarten Wessingen möchte die Erziehungs- und Bildungsarbeit der Familien nach waldorfpädagogischen Gesichtspunkten unterstützen, ergänzen und fortführen. Kinder brauchen primäre Erfahrungen, Spiel- und Freiräume, ebenso wie Regeln im Umgang miteinander. Dafür brauchen sie Vorbilder, die sie gerne
nachahmen und Spielmaterialien, die echt und wahrhaftig sind. Die Erzieherinnen sind daher immer wieder neu aufgerufen, ihr Handeln kritisch zu hinterfragen, um so auf die Bedürfnisse und den Entwicklungsstand der Kinder nach bestem Wissen und Gewissen einzugehen.

Wir wollen miteinander versuchen, den Kindern, die Sie uns anvertrauen, einen schützenden, wirkungs- und lebensvollen Freiraum schaffen, in dem sie wirklich Kinder sein dürfen. Sie sollen sich hier zu lebenstüchtigen und freien Menschen entfalten und entwickeln, die den Anforderungen der Zeit aus inneren Impulsen heraus, einmal gewachsen sein werden.

aus der Festschrift 40 Jahre Vereinigung der Waldorfkindergärten

2. Das Profil des Kindergartens

Der Erziehungsauftrag hat sich im Laufe der Jahre für den Kindergarten stark verändert. Familien müssen und wollen immer stärker unterstützt werden. Kinder sind lernfreudig, lernfähig und lernbereit. Daraus entsteht die Verantwortung ihre Lebenswelt kindgemäß und gesund zu gestalten. Sie brauchen kompetente erwachsene Vorbilder und liebevolle, sichere Beziehungsverhältnisse, um ihre eigenen Entwicklungsmöglichkeiten in ihrem individuellen Zeitmaß ergreifen zu können.

Unser Kindergarten arbeitet auf der Grundlage der Anthroposophischen Menschenkunde Rudolf Steiners. Wir sehen jedes Kind – ungeachtet seiner sozialen, ethnischen und religiösen Herkunft – als eine einmalige unantastbare Individualität. Das pädagogische Grundprinzip ist das nachahmende Lernen – durch die Vorbild gebende Tätigkeit der Erwachsenen entfaltet sich das Kind individuell. Das Kind ist in seinen ersten sieben Lebensjahren ganz Sinneswesen. Es erfährt und begreift die Welt durch seine Sinne. Die gesunde Entwicklung des Kindes soll im Kindergarten von vielen Seiten her gefördert werden. Im Mittelpunkt steht die Pflege des kindlichen Spiels. Hierbei wird großer Wert auf Spielsachen aus Naturmaterialien gelegt, die möglichst wenig ausgestaltet sind und die
Fantasieentwicklung des Kindes zur freien Entfaltung bringen.

Ein weiterer pädagogischer Bereich in der Arbeit mit und am Kind ist die Musik- und Spracherziehung. Sowohl in den Elementen des Morgenkreises, des Reigens, der Eurythmie, dem täglichen Singen jahreszeitlicher Lieder, als auch in Puppenspielen und Märchen erlebt und übt sich das Kind in Klang, Artikulation und Vielfalt der Sprache.

Orientierung und Halt erfährt das Kind durch die bewusst rhythmische und sich immer wiederholende Gestaltung des Tages,- Wochen- und Jahreslaufs. Der Wechsel von Ein- und Ausatmung, von Aufnahme und Verarbeiten wirkt gesundend auf das Kind, gründet in ihm ein vertrauensvolles Sein in sich selbst und in der Welt. Das Erlernen von Sozialfähigkeit steht im Kindergartenalltag in besonderem Blickpunkt. In der Gemeinschaft der Kindergartengruppe bietet der Tagesablauf eine Fülle an Möglichkeiten, den Umgang mit anderen Kindern und Erwachsenen zu lernen, z. B. beim freien Spiel.
Die gesunde Ernährung des Kindes ist uns ein wichtiges Anliegen. Alle Nahrungsmittel die wir verwenden, haben biologische Qualität (bevorzugt wird biologisch-dynamische Qualität) und werden von uns selbst täglich frisch zubereitet.

Wir sind der Auffassung, dass der Umgang mit Medien (Fernsehen, Computer,
Computerspiele und Handys) im Kindergartenalter verfrüht ist.

3. Die Rahmenbedingungen und das soziale Umfeld

3.1. Geschichtlicher Hintergrund

In den 80iger Jahren begann im Raum Balingen eine Gründungsinitiative für eine Waldorfschule Fuß zu fassen.
Aus diesem Gemeinschaftsgedanken entstanden weitere Initiativgruppen. Man arbeitete zusammen und ging mit einem großen Stand auf den Martinimarkt in der Freien Waldorfschule Tübingen.
Eine dieser Bazar-Gruppen wurde von der Waldorferzieherin Frau Grassinger geleitet. Die Hechinger Eltern dieses Initiativkreises baten Frau Grassinger, eine Spielgruppe ins Leben zu rufen. Der Raum war bereits vorhanden. Im Bisinger Ortsteil Wessingen gab es ein altes Schulgebäude, in dem der untere Raum als Sporthalle genutzt wurde. Dieser große Raum konnte einen Tag in der Woche gemietet werden.
Der damalige Ortsvorsteher von Wessingen war bereit, einer Waldorfinitiative den Raum kostenlos zur Verfügung zu stellen. Sechs Jahre währte diese Spielgruppenzeit, dann hat sich aus der Spielgruppe eine eigene Gründungsinitiative für einen Waldorfkindergarten gebildet.
Im Herbst 1989 wurde mit ca. 17 Kindern die Kindergartenarbeit begonnen. Im Dezember
1989 fand eine festliche Mitgliederversammlung statt. Der Vorstand bestand aus Mitgliedern
der Gründungsinitiative.
Ab 2002 gab es in Wessingen wieder eine Spielgruppe. Da die Erzieherinnen aber nicht zum
Wessinger Kindergartenteam gehörten, gab es wenig Berührungspunkte untereinander.
Im September 2004 übernahm eine Erzieherin die Spielgruppenarbeit mit zwei
Nachmittagsgruppen. Sie bot Eltern mit kleinen Kindern einmal in der Woche an, gemeinsam
zu singen, zu spielen und einen ersten Kontakt zum Kindergarten zu suchen. So war den
kleinen Kindern beim Kindergarteneintritt nicht nur der Raum, sondern auch eine Erzieherin bekannt.


Am 27.06.2009 feierte der Kindergarten sein 20jähriges Jubiläum. Dafür war der Raum,
teilweise in Eigenarbeit, von den Eltern renoviert worden.


2014 wurde im Rahmen des alljährlich stattfindenden Osterbasar, mit einer großen Torte,
Kutschfahrten und einer Märchenerzählerin das 25-jährige Jubiläum gefeiert.

3.2. Träger, Verein

Rechts- und Wirtschaftsträger des Kindergartens ist der Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik e.V. Schulweg 8, 72306 Bisingen-Wessingen. Der Verein ist Mitglied in der Vereinigung der Waldorf-Kindertageseinrichtungen Baden Württemberg.

3.3. Unmittelbare Umgebung

Der Kindergarten befindet sich im Teilort Wessingen der Gemeinde Bisingen, am Fuße der Burg Hohenzollern und am Rande der Schwäbischen Alb. Wir sind im ehemaligen Schulhaus zu Hause, welches sich im Herzen des Dorfes befindet.

3.4. Öffnungszeiten

Der Kindergarten ist Montag bis Freitag von 7:15 – 14:00 Uhr geöffnet.
Ferienbetreuung wird in den Schulferien an Pfingsten, Ostern und im Sommer angeboten.

3.5. Räume

Der Kindergarten befindet sich in den alten Klassenräumen der einstigen Ortsschule, mitten im Dorf Wessingen. Das Schulhaus ist ein altes Backsteingebäude mit einem neueren Anbau. Der Anbau wird vom Heimatverein Wessingen genutzt.
Im Erdgeschoss befindet sich der Gruppenraum,die Garderobe, eine Abstellkammer und Toiletten für Kinder und Erwachsene. Im Obergeschoss befindet sich das Büro das auch als Lager für Bastelmaterialien dient und ein Saal der von verschiedenen Vereinen genutzt wird. Außerdem steht uns noch ein Bühnenboden als Lagermöglichkeit zu Verfügung.
Der Gruppenraum hat einen Holzfußboden, auch Regale, Schränke und Möbel sind ausschließlich aus Holz. Bei Material und Farbgebung wird auf eine helle, freundliche und warme Atmosphäre wert gelegt. Eine Küchenzeile befindet sich ebenfalls im Gruppenraum.
Außenbereich

Neben dem Gebäude befindet sich ein kleiner Garten, mit einem großen Kastanienbaum, Blumenbeeten, einem Hochbeet, einem Weidenhaus, einem großen Sandkasten, einem Spielhaus und Klettermöglichkeiten. Der gepflasterte Hof vor dem Kindergarten wird mitgenutzt zum Stelzen laufen, Seil springen und für Kreisspiele.

3.6. Gruppen, Gruppenstärke

Unser Kindergarten hat eine Gruppe, die für bis zu 23 Kinder, ab drei Jahren bis zum Schuleintritt
einen Betreuungsplatz bietet.

3.7. Das Personal

In unserem Kindergarten arbeiten eine Kindergarten- und Gruppenleiterin in Vollzeit, eine Erzieherin in Teilzeit sowie eine Ergänzungskraft in Teilzeit. Die Kindergarten- und Gruppenleitung hat als Grundlage für ihre Arbeit eine Ausbildung zur staatl. anerkannten Waldorferzieherin absolviert.

Ergänzend sind eine Eurythmistin, eine Praktikantin und eine Reinigungskraft tätig.

Alle Erzieherinnen nehmen regelmäßig an Fortbildungen teil. Die Aufgaben und Kompetenzen ergeben sich einerseits aus der Stellenbeschreibung und wachsen andererseits ganz individuell aus dem persönlichen Können und dem Impuls der einzelnen Erzieherin.
Die einmal wöchentlich stattfindende pädagogische Konferenz ergänzt die Arbeit des Kollegiums. Die Kindergarten-Leiterin nimmt zusätzlich an den monatlich stattfindenden Vorstandssitzungen teil.

Für Mitarbeitergespräche und Personalpflege ist der Vorstand zuständig.
Die Eurythmistin kommt einmal in der Woche.

3.8. Einzugsbereich

Die Kinder kommen aus einem großen Einzugsgebiet, das nicht nur den Zollernalbkreis, sondern auch den Landkreis Tübingen mit einschließt.

3.9. Offenheit für alle Kinder

Entsprechend dem sozialen Ursprungsimpuls steht unser Waldorfkindergarten allen Kindern, unabhängig von den weltanschaulichen und konfessionellen Bindungen der Eltern oder ihrer sozialen und wirtschaftlichen Herkunft offen.

3.10. Aufnahmeverfahren

Alle Anfragen, die eine Aufnahme in unseren Kindergarten betreffen, werden zeitnah
beantwortet.

Alle interessierten Eltern haben die Möglichkeit, in einem persönlichen Gespräch den
Kindergarten und die Grundsätze der Waldorfpädagogik, den Tagesablauf etc. kennen zu lernen und offene Fragen anzusprechen.

  • Sie können sich auf unserer Homepage einen Aufnahmeantrag downloaden und an den Kindergarten schicken. Sie bekommen dann eine kurze Bestätigung per Mail, dass der Antrag eingegangen ist. Bitte bedenken Sie dies ist noch keine Zusage für einen Platz!
  • Im Frühjahr ca 3 Wochen vor Ostern, findet im Kindergarten ein Tag der offenen Tür mit Osterbasar statt. Hier können Sie Fragen stellen, sich alles anschauen und mit dem Kindergarten Team sprechen.
  • Im April werden alle Interessierten noch einmal angeschrieben und abgeklärt ob noch Interesse besteht.
  • Mitte Mai bekommen dann alle Familien eine Zu- oder Absage für das kommende Kindergartenjahr, welches im September beginnt.
  • Ein Aufnahmegespräch, welches mit Kind stattfindet, wird zeitnah zum Aufnahmetermin vereinbart. Hier werden die vertraglichen Dinge erledigt und es kann ein erstes Kennenlernen zwischen Erziehern und Kind stattfinden.

Aufnahmekriterien:

  • Alter 3 – 7 Jahren
  • Interesse an der Waldorfpädagogik, Toleranz gegenüber den damit verbundenen Gepflogenheiten (z.B. Feiern der Jahresfeste)
  • Aktive Mitarbeit der Eltern (siehe 7.)
  • Sollte es eine Warteliste geben, haben Geschwisterkinder Vorrang für einen Kindergartenplatz.

3.11. Betreuungskosten

Die Kosten für den Kindergartenplatz entnehmen Sie bitte der aktuellen Beitragsordnung.

4. Das Leitbild

Das pädagogische Konzept unseres Waldorfkindergartens beruht auf der Waldorfpädagogik.
Grundlage ist das anthroposophische Menschenbild. Der Mensch wird gesehen als Ganzheit von Leib, Seele und Geist. Unser Anspruch ist es, die gesundende Entwicklung des Kindes in körperlicher Hinsicht, aber auch im Seelischen und Geistigen zu fördern. So fühlen wir uns in unserer Arbeit dem Wesen des Kindes verpflichtet und lassen uns einerseits von den allgemeinen Entwicklungsgesetzen leiten und schauen auf der anderen Seite auf das einzelne Kind, mit seinen ganz individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten, Neigungen und seiner Einzigartigkeit.
Weiterhin fördern wir die Entwicklung von Selbstbewusstsein bzw. die Entstehung eines realistischen Selbstbildes mit dem Erkennen eigener Möglichkeiten und Grenzen. Das Kind soll lernen Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen.

Genauso wichtig ist uns, mit der Waldorfpädagogik Brücken zu schlagen zwischen Kulturen und sozialen Schichten.
Bei all dem bauen wir auf dem auf, was das Kind mitbringt und bieten ihm einen geschützten Raum, in dem es sich ganzheitlich und vielseitig entwickeln kann

4.1. Bildungsbereiche und Entwicklungsfelder

Das Kind vor der Schule soll frei von schulischem Lernen seine Basiskompetenzen entwickeln (Sprach-, Sozial-, mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenz, Körper- und Bewegungs-, Phantasie- und Kreativitäts-, Motivations- und Konzentrations-,ethisch-moralische Wertekompetenz).
Die schulische Erziehung und Bildung kann später darauf aufbauen. Die angestrebten Basiskompetenzen schaffen das Fundament, um später den Jugendlichen und Erwachsenen in die Lage zu versetzen, den Leistungsanforderungen des Lebens begegnen zu können.
Die Waldorfpädagogik gibt dem kleinen Kind die Möglichkeit, in eine Fülle vielfältiger und der Wirklichkeit nahestehender Tätigkeiten und Lebenszusammenhänge einzutauchen. Durch eigene Betätigung und Entdeckerfreude wird die Welt unmittelbar erfahrbar und damit auch die Selbstbildung des Kindes gestärkt. Erst wenn das Kind gegen Ende des ersten Lebens-Jahrsiebts eine gewisse Entwicklungsstufe erreicht hat, hat gedankliche Arbeit ihren berechtigten Platz im Lernprozess.
Die einzelnen Bildungsbereiche, die im Folgenden getrennt beschrieben werden, treten im Alltag des Waldorfkindergartens nie einzeln auf und können auch nicht einzeln gefördert werden. So werden z.B. beim Backen von Brötchen nicht nur die Motorik, die mathematisch und naturwissenschaftliche Seite (Mengen, Abmessen der Zutaten, Zählen der Brötchen) gefördert, sondern es wird auch der Nahrungs- und Gesundheitsaspekt eine Rolle spielen. Wenn wir noch das Pflanzen, Pflegen, Ernten, Dreschen und Mahlen des Getreides mit einbeziehen, so entsteht für das Kind aus der Wahrnehmung und der eigenen Tätigkeit ein ganzheitlicher Sinnzusammenhang.

4.2. Bewegung und Leibesentwicklung

In keinem anderen Lebensabschnitt haben Bewegung und sinnliche Erfahrung eine so wichtige Bedeutung wie im ersten Jahrsiebt. Das Kind erschließt sich seine Welt mit allen Sinnen durch Bewegung und Aktivität des Körpers und bildet damit die Grundlage für Sprache und Denken. Jede Tätigkeit, sei sie motorischer oder sensorischer Art, schlägt sich beim heranwachsenden Kind, nach neuester Hirnforschung, in der Verbindung neurologischer Strukturen (Synapsen-Bildung) nieder. Bewegung stärkt die Fähigkeit der Leibesbeherrschung und legt damit die wichtigste
Grundlage für ein positives Körpergefühl, eine gesunde Leibesentwicklung und eine ausdrucksstarke Seelenfähigkeit. Der Erwachsene versucht, durch sinnvolle, zielgerichtete und seelisch belebte Bewegungen das Kind zum Nachahmen zu animieren. Diese Bewegungen haben einen bildenden Wert für die Entwicklung des Kindes und helfen ihm seinen eigenen Bewegungsorganismus immer differenzierter zu durchdringen. Das Kind erreicht dadurch Kraft und Zuversicht, aber auch Handlungskompetenz und Durchhaltevermögen.
Jedes Kind durchläuft die einzelnen Entwicklungsschritte in dem Tempo, das seiner Individualität gemäß ist, es bekommt vom Erwachsenen genügend Bewegungsraum für ungestörtes Üben. Durch rhythmisch wiederholte Abläufe, wie Fingerspiele, Reigen, Eurythmie, Freispielzeit, wird ordnend und strukturierend auf die Leibesbildung des Kindes
eingegangen.

4.3. Rhythmisch – musikalisch – künstlerische Bildung

Der rhythmisch gestaltete Tages-, Wochen- und Jahreslauf orientiert sich am Rhythmus der Natur sowie an den christlichen Jahresfesten. Er bietet den Kindern aller Altersstufen Orientierung, Sicherheit, Vertrauen und Geborgenheit. Rhythmische Wiederholung stärkt das Empfinden und kräftigt den Willen. Die Wiederholung ist ein sichtbares natürliches Bedürfnis jeden Kindes. Dies bestätigt auch die neueste neurobiologische Forschung. Es möchte Sprüche, Fingerspiele, Lieder, Märchen usw. und ebenso Rituale, die es immer wieder erleben kann. Die kontinuierliche Wiederholung ermöglicht kindgemäßes Lernen. Durch einen längeren Zeitraum lernt das Kind die Inhalte wie selbstverständlich, ohne dass sie ihm intellektuell erklärt werden müssen.
Das musikalische Empfinden muss sich in die physische Konstellation des kleinen Kindes „hineinarbeiten“ durch musikalisches Verhalten. Alles was der Erwachsene an sinnvollen musikalischen Bewegungsabläufen in seinem eigenen Tun und Handeln vorlebt, sei es durch das rhythmische Wiegen des Kindes oder einen geordneten Tagesablauf, prägt sich individuell in die physische Organisation des Kindes während der ersten sieben Lebensjahre ein. Es gibt dem Kind Sicherheit und grundlegende Orientierung für seine weitere Entwicklung.
Im Waldorfkindergarten arbeiten wir musikalisch mehr in der Quintenstimmung und Pentatonik, da diese noch heilender und offener sind als die diatonischen Skalen unserer heutigen Lieder, insbesondere aus der jüngsten Vergangenheit. In den Quintenstimmungsund pentatonischen Liedern ist ein besonderer Raum für Schwingungen, Klangnuancen und Reinheit gegeben, also für Qualität, die das Kind für seine gesunde Entwicklung in diesem
Alter braucht.

4.4. Mathematisch – naturwissenschaftliche Bildung

Kinder haben ein großes Interesse an allen Erscheinungen in der Natur. Mit spontaner Tätigkeit und persönlichem Empfinden findet das Erlebte Eingang in ihr Spiel. Durch naturbelassenes, zweckfreies Material hat das Kind die Möglichkeit zum selbständigen Bauen, zum Sortieren, Ordnen, Vergleichen und Ausprobieren.
Es erlebt dabei in sinnlicher Unmittelbarkeit Maße, Gewicht, Qualität und Beschaffenheit verschiedenster Naturmaterialien. Lange bevor das Kind mit Zahlen umgeht oder physikalische Gesetze reflektiert, erobert es sich, ohne es zu wissen, die Grundlagen mathematisch-physikalischer Fähigkeiten.
Der Kindergarten bietet hierzu vielerlei Möglichkeiten. Mengen und Zahlen erfahren die Kinder beim Aufräumen, Tischdecken, Ordnen der Spielsachen und Abwiegen von Zutaten. Im Freien erleben die Kinder Qualitäten von Erde, Lehm, Sand, Wasser, weich/hart, rau/glatt, warm/kalt und vieles mehr. In diesem Alter benötigen Kinder viele seelisch gesättigte Erfahrungen, die das Staunen und die produktive Neugier wach halten, bis diese in der Schule auch gedanklich erfasst werden können.

4.5. Soziale Kompetenzen

Das Anlegen von guten Gewohnheiten und ihre ständige Wiederholung geben dem Kind Orientierung im sozialen Miteinander. Fühlt ein Kind sich in seiner Person angenommen, erfährt es Sicherheit und Geborgenheit und kann so ein Selbstwertgefühl entwickeln. Wenn das Kind sich als eigene Person erlebt und seinen Platz in der Gemeinschaft findet, hat es die Freiheit gewonnen, nicht nur auf sich zu blicken, sondern sich mit Interesse und Hilfsbereitschaft anderen Menschen zu widmen. Im Kindergarten hat das Kind die Möglichkeit sich in vielen Situationen zu üben. Dies können wir unterstützen, indem wir Erwachsene Phasen schaffen, in denen das Kind einerseits voll in die Gemeinschaft eintaucht, z.B. bei gemeinsamen Mahlzeiten, dem Reigen und dem Märchenkreis. Oder es darf ganz bei sich sein und seinen eigenen Intentionen nachgehen wie z.B. im freien Spiel.
Der Erwachsene ist dabei stets Vorbild, er pflegt gewisse Regeln und Rituale, ist Vorbild für Humor, Gerechtigkeit, liebevolle Hingabe und Konfliktlösungen, um nur einiges zu nennen. So können die Kinder sich unbewusst an ihm orientieren.

4.6. Ethisch- moralische Bildung

Das Kind im Kindergartenalter lebt in dem Urvertrauen „Die Welt ist gut“.
Aus diesem Vertrauen heraus kann es Freude, Achtung und Ehrfurcht gegenüber allem, was lebt, entwickeln. Ein Gefühl für das gute, Schöne und Wahre wird ebenso veranlagt, wie die Achtung vor anderen Menschen, Kulturen, Religionen und der Schöpfung.
Für eine gesunde Entwicklung braucht das Kind Lebenssicherheit, inneren Halt, Orientierung, Klarheit, Rituale und Wahrhaftigkeit. Dies wird nicht nur durch die emotionale Zuwendung der Erwachsenen, sondern auch durch das verbindliche Setzen von Grenzen, Regeln, das Wahrnehmen guter Umgangsformen und Konfliktlösungen gegeben.
Im Waldorfkindergarten versuchen wir das alles, nicht auf dem Weg der Reflexion und der Diskussion an die Kinder heranzutragen. Wir legen großen Wert darauf, dass die gewünschten Qualitäten durch das Vorbild der Erwachsenen gelebte Wirklichkeit sind, die das Kind als selbstverständliche Tatsachen in seiner Umgebung vorfindet und sich durch
Nachahmung zu Eigen macht. Im täglichen respektvollen, wertschätzenden, toleranten und einfühlsamen Umgang
miteinander und mit der Natur, in der Raumgestaltung, durch Gesten der Achtsamkeit, durch die Vorbereitung und das Feiern der christlichen Jahresfesten (eingebettet in den Jahresrhythmus, in den Reigen), durch das Singen, die Gebete (Tischspruch vor dem Essen, Schlusskreis) werden das Gemeinschaftserlebnis, Sich-Selbst-Wahrnehmen und Sich-
Finden, die Ehrfurcht, die Dankbarkeit und die Liebe zu Allem gestärkt und bereichert. Bildhaftkonkrete Darstellungen, wie sie in Märchen, Legenden oder kleinen Spielen zu finden sind, erschließen dem Kind ohne verbale Belehrung den Sinn des Lebens.

4.7. Medienkompetenz

Damit Kinder eine wirkliche Medienkompetenz erlernen, müssen vorher wichtige andere Kompetenzen erreicht werden. Die wichtigste und grundlegendste von ihnen ist die Ausbildung der motorischen und sensorischen Fähigkeiten, durch die das Gehirn des Kindes erst seine volle Leistungsfähigkeit erlangt und der Organismus die nötige Stabilität gewinnt,
um sich gesund entwickeln zu können. Kinder müssen die unterschiedlichsten Wahrnehmungsqualitäten immer wieder unmittelbar tätig erleben, denn nur durch das eigene Erleben kann es den Geruch, den Geschmack, das
Aussehen oder den Klang eines Gegenstandes als zusammengehörig erleben. Diese Fähigkeit, Informationen aus verschiedensten Sinnesbereichen durch die eigene innere Aktivität in einen Zusammenhang zu bringen, muss langfristig angelegt werden. Sie bildet die Grundlage für Denken und Urteilsvermögen, und so kann das Kind später aus Daten Wissen, aus Symbolen Bedeutung und aus Texten Sinn schöpfen.
Im Waldorfkindergarten hat das Kind jeden Tag viele Möglichkeiten um genau diese Fähigkeiten zu erlernen: es erkennt Zusammenhänge, erlebt die verschiedenen Qualitäten von Materialien, es kommt mit den verschiedensten Gerüchen und Geräuschen in Verbindung und hat immer wieder die Möglichkeit seine Sinne zu schärfen. Der Kindergarten
lässt den Kindern Zeit, die Welt mit allen Sinnen zu begreifen. Das festigt das Urteilsvermögen der Kinder und hilft ihnen, später eine eigene Meinung aufgrund von Erfahrung zu haben und diese auch beim Umgang mit Medien einzusetzen.

5. Pädagogische Grundlagen des Kindergartens

5.1. Pädagogischer Rahmen

5.1.1. Der Kindergarten als Lebens und Lernort

Unser Waldorfkindergarten ist ein Ort, an dem das Spielen und Arbeiten von einem umfassenden Bildungskonzept aus den menschenkundlichen Grundlagen der Anthroposophie heraus begleitet wird. Dabei wird die individuelle Biografie und Entwicklung des Kindes im ersten Jahrsiebt berücksichtigt.
Die Aufgabe des Erziehers besteht darin, eine entwicklungsfördernde Umgebung zu gestalten, in der die Kinder Anreize finden vielfältige Erfahrungen zu machen und ihrer Entwicklung gemäß zu spielen und sich zu betätigen. Dabei ist es den Erzieherinnen ein Anliegen, den Kindern einen Schutzraum zu bieten für soziale Interaktionen und der
Möglichkeit einer freien und ungestörten Entfaltung.
Bildung und Erziehung haben die Aufgabe, das Kind in seinen vielfältigen Entwicklungs- und Bildungsprozessen so zu begleiten, dass Grundlagen im salutogenetischen Sinne geschaffen werden.
Ein wichtiges pädagogisches Grundprinzip für die Gestaltung der Umgebung sind Ordnung und Verlässlichkeit, Rhythmus und Wiederholung.
Eine weitere zentrale Bedeutung kommt hierbei auch der Rolle des Erziehers zu, der durch seine Persönlichkeit und sein Vorbildverhalten die „bildende Umgebung“ des Kindes im Wesentlichen gestaltet.

5.1.2. Die Rolle des Erziehers

Die menschenkundlichen Grundlagen gehen davon aus, dass alles Lernen im ersten Jahrsiebt durch Vorbild und Nachahmung geschieht. Das Kind nimmt die Sinneseindrücke in sich hinein, gleichzeitig werden feinste vegetativorganische Prozesse im Kind angeregt. Durch die Sinneswahrnehmungen bildet das Kind
seine individuelle Leiblichkeit.
Die Persönlichkeit des Erziehers ist dabei die eigentlich bildende Umgebung des Kindes, denn er trägt die Verantwortung dafür, welche Sinneseindrücke das Kind erhält. Menschen, die im Einklang mit sich sind und Authentizität leben, bilden eine Hülle für die Kinder, so dass sie in die Nachahmung einschwingen können. Der Erwachsene braucht für seine Alltagshandlungen Einfühlungsvermögen, eine Kenntnis der kindlichen Entwicklungsstufen und ein Bewusstsein davon, wie Sinnes-Eindrücke tief in die Entwicklung des Leibes
hineinwirken.
Der Erzieher handelt als Vorbild, wenn die Kinder unmittelbar in eine durchschaubare Tätigkeit einbezogen werden, und zum eigenen Tun angeregt werden. Das Kind lernt durch seine unmittelbare und natürliche Nachahmung. Somit haben alle Handlungen, die das Kind erlebt eine große Bedeutung, denn dadurch wird Orientierung und Sicherheit für das Leben vermittelt.

5.1.3. Das Spiel

Im freien Spiel setzt sich das Kind mit tiefem Ernst und Hingabe mit der Welt auseinander, indem es die Verhaltensweisen seiner Umgebung nachahmt. Das Spiel ist in seiner Intensität und Konzentration der „Arbeitswelt“ des Erwachsenen gleichzusetzen. Der Prozess des Spielens, ist die dem Kind gemäße Art zu lernen.
Das Kind schafft die Motive und Inhalte seines Spiels aus sich selbst, in dem es frei und nur von einem inneren Drang bestimmt wahrgenommene Inhalte der Umgebung tätig umsetzt. Den Entwicklungsabschnitt, in dem sich das Kindergartenkind befindet, durchzieht kreatives und phantasievolles Spiel. Das vorhandene Spielzeug sollte weitgehend naturbelassen und frei von bestimmten Anwendungszwecken sein. So bietet es ein reichhaltiges
Betätigungsfeld zur Entfaltung schöpferischen Potentials.
In den einzelnen Entwicklungsabschnitten durchläuft das Kind verschiedene Phasen, in denen sich das Spiel immer wieder verwandelt und das Kind bestimmte Fähigkeiten erwirbt. Allen Spielprozessen liegt zugrunde, dass das Kind sich im freien Spiel Welterfahrung aneignet. Es lernt so auf natürliche Weise logische Zusammenhänge und betreibt damit
intensiv seine Selbstbildung durch tätiges sich Verbinden mit der Welt. Die Fantasiekräfte verwandeln sich nach und nach in bildhafte Vorstellungskräfte, die ein zielgerichtetes Handeln ermöglichen, um sich dann in freie Gedächtniskräfte zu entfalten, die für das schulische Lernen die Grundlage bilden.

5.1.4. Rhythmus und Wiederholung

Die zeitlichen Abläufe unterliegen einer verlässlichen Ordnung. Der Tagesablauf ist rhythmisch gegliedert und bringt eine wohltuende Ordnung und Ruhe in das alltägliche Kindergartengeschehen.
Der Tagesablauf ist durchwoben von freilassenden und geführten Elementen und gleicht so dem gleichmäßigen Atemrhythmus. Die einzelnen Tage sind in den Wochenrhythmus sowie im großen Jahreskreislauf eingebunden. Die Höhepunkte sind die Jahresfeste, die im Waldorfkindergarten gefeiert werden.
Die Kinder finden durch die liebgewonnene Wiederholung eine Orientierung in der Zeit. Sie lernen die Wochentage kennen, an denen bestimmte Tätigkeiten ausgeführt werden, ebenso die Jahresfeste.
Die rhythmische Zeitgestaltung verhilft den Kindern zu einer seelischen und leiblichen Ausgeglichenheit, auf die sie in späteren Lebensabschnitten aufbauen können.

5.1.5. Raum und Zeit

Das Lernen der Kinder ist leib- und sinnesgebunden. Es ergibt sich somit die Notwendigkeit einer sorgfältigen Gestaltung des Raumes und der unmittelbaren Umgebung der Kinder, so dass eine vielfältige Pflege der basalen Sinne möglich ist.
Die Gruppenräume und die gesamte Einrichtung wird so gestaltet, dass ästhetische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, wie beispielsweise die Farbgebung. Außerdem sollen sich die Kinder wohl und geborgen fühlen, weshalb auch durch die Raumgestaltung eine „hüllenbildende“ Umgebung geschaffen wird.
Die pädagogische Gestaltung der Umgebung bedeutet auch Ordnung zu schaffen und Verlässlichkeit zu bieten. Dazu wird im Raum nach getaner Arbeit und Spiel die immer gleiche Ordnung wiederhergestellt. Die Kinder können sich darauf verlassen, dass Sie an jedem Tag die vertraute Umgebung und Ordnung vorfinden. Für ein gutes Lebensgefühl ist es entscheidend, sich in der Leiblichkeit, aber auch in der räumlichen Umgebung zu beheimaten. Das strukturierende Gedächtnis und die räumliche Orientierung sollen gestärkt werden, um ein grundlegend sicheres Lebensgefühl zu entwickeln.

5.1.6. Der Ansatz der Salutogenese im Kindergarten

Salutogenese bedeutet „Herkunft der Gesundheit“. Sie setzt dort an, wo gute Voraussetzungen für die Entwicklung des Kindes ermöglicht werden, Vertrauen in sich selbst zu finden und die Grundlagen für das spätere Leben zu legen, die Welt mit Hilfe der Sinnestätigkeit zu erleben und begreifen zu können, Zusammenhänge durchschauen zu dürfen und alles Tun durch Liebe zu begleiten. Dann ist die Voraussetzung dafür geschaffen, den Schwierigkeiten des Lebens zu
begegnen. Die moderne Salutogenese-Forschung gibt an, dass Gesundheit nur in geringem Maße durch biologische Faktoren bedingt ist, und in erstaunlich hohem Maße von seelischgeistigen Bedingungen abhängt, die der Mensch selbst herstellen bzw. selbst herzustellen lernen kann.
Die Salutogenese blickt in erster Linie auf den Aspekt des Ringens und der Auseinandersetzung mit dem Widerstand. Hierdurch entstehen Kraft und Selbstbewusstsein.
Des Weiteren ist das Kohärenzerleben von elementarer Wichtigkeit: das Erleben von innerem Verbunden-sein mit der Welt, die Erfahrung, dass die Welt bei entsprechender Bemühung durchschaubar, gestaltbar, handhabbar und sinnhaft ist, so dass auch die eigenen Bemühungen Sinn machen und es sich lohnt, sich auf die Herausforderungen des
Lebens einzulassen.
Diese Voraussetzungen bewirken das Erleben der sogenannten Resilienz. Wer auf diese Weise sich selbst im Zusammenhang mit der Umwelt erlebt, wer sich dadurch kennen lernt, sich einzuschätzen weiß, seine Fähigkeiten und auch Unfähigkeiten kennt, der verankert tief in seinem Lebensgefühl die Gewissheit, dass auch die eigenen Kräfte durch die Auseinandersetzung wachsen werden und auch Widerstände Anlass geben, sich selbst weiter zu entwickeln.

5.1.7.Gesundheit und Ernährung

Die Kinder werden in die Zubereitung für das gemeinsame Frühstück einbezogen. Während der Freispielzeit finden sich viele fleißige Helfer ein, die Obst und Gemüse schneiden oder Brötchen backen und Brote schmieren. Hierbei können feinmotorische Fähigkeiten geübt werden. Außerdem bekommen die Kinder einen besonderen Zugang zu ihrem Essen, denn das, was mit den eigenen Händen zubereitet wird, schmeckt am besten. Ebenso können Sie durch die gemeinsame Zubereitung des Essens lernen, welche Zutaten eine Speise benötigt und welche Arbeitsschritte gemacht werden müssen.
Es gibt an jedem Wochentag ein anderes Frühstück, das wöchentlich wiederkehrt. Der Rhythmus im Speiseplan ermöglicht den Kindern Orientierung und Halt. Als Grundlage unserer Gerichte verwenden wir verschiedene Getreidearten, dazu gibt es Obst oder Gemüse. Die Speisen sind für den kindlichen Organismus wohltuend. Unser Frühstücksplan richtet sich nach den Getreidearten, die aus der anthroposophischen Ernährungslehre den Wochentagen zugeordnet sind.
Wir verwenden Bioprodukte, möglichst regional und saisonal.

5.2. Tagesablauf

5.2.1. Kindergarten

  • 7:15 Uhr: Freispiel, Bastelaktivitäten, Frühstückszubereitung z.B. Brötchen backen
  • 8:30 Uhr: Ende der Bringzeit
  • 9:00 Uhr: Aufräumen, Toilettengang und Händewaschen
  • 9:45 Uhr: Morgenkreis mit Liedern, Fingerspielen und Reigen (rhythmisches Bewegungsspiel)
  • 10:00 Uhr: Gemeinsames Frühstück
  • 10:30 Uhr: Freispiel im Garten oder Spaziergang mit Besuchen auf den Spielplätzen in der Umgebung
  • 11:45 Uhr: Aufräumen im Garten, Händewaschen
  • 12:00 Uhr: Geschichte/ Aufführung eines Puppenspiels/ Bilderbuchbetrachtung
  • 12:15 – 12:30 Uhr: Erste Abholzeit
  • 12:30 – 13:00 Uhr: Vesper
  • 13:00 – 13:15 Uhr: Zweite Abholzeit
  • 13:45 – 14:00 Uhr: Dritte Abholzeit

6. Beteiligung von Kindern und ihre Rechte

Basis der Sicherung der Beteiligung von Kindern an Prozessen im Kindergartenalltag ist der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Kind und Erzieherin einerseits und Erzieherin und Eltern andererseits. Im Waldorfkindergarten arbeiten wir nach den waldorfpädagogischen Leitlinien, die sich aus der anthroposophischen Menschenkunde Rudolf Steiners herleiten. Diese beinhalten – ebenso wie die Kinderrechtskonvention, die für uns gleichermaßen verpflichtend ist, dass wir die Würde jedes einzelnen Kindes achten und all unsere Handlungen seinem Wohl dienen und entsprechen sollen. Das Wohl des Kindes definieren wir dabei grundsätzlich als Übereinkunft von Eltern und Erzieherinnen, die auf einer sorgfältigen, individuellen Betrachtung des Kindes basiert. Diese gewährleisten wir durch einen engen Kontakt und Austausch mit den Eltern, z.B. in der Bring- bzw. Abholzeit, bei regelmäßigen
Entwicklungsgesprächen, Hausbesuchen und durch das Angebot einer Telefonsprechzeit. Durch die Arbeit in einer festen Gruppe bauen die pädagogischen Fachkräfte zu den Kindern einen engen Kontakt und eine verlässliche Vertrauensbasis auf. Dadurch werden die Kinder ermutigt, sich mit Fragen und Wünschen, Unsicherheiten und Ängsten direkt an diese Vertrauenspersonen zu wenden, die ihnen dann unmittelbar Schutz und Hilfe bieten können.
Wir sind der Ansicht, dass in diesem frühen Kindesalter der Schutz der Kinder durch verantwortliche Erwachsene gewährleistet werden muss.
Durch diese enge Begleitung der Kinder ist auch gewährleistet, dass Anliegen und Äußerungen der Kinder Raum bekommen, sei es im persönlichen Gespräch, sei es z.B. im Morgenkreis. Sie werden ernst genommen und bei der Gestaltung des Kindergartenalltags angemessen berücksichtigt. Neben den verbalen Ausdrucksmöglichkeiten achten wir gleichermaßen auf non-verbale Signale in Gestik, Mimik, Verhalten und reagieren dementsprechend.
Fragen des Kinderschutzes werden in den regelmäßig stattfindenden Teamsitzungen thematisiert. Das ermöglicht gegenseitige kollegiale Unterstützung und Beratung auch auf diesem Feld.

7. Die Rolle der Eltern im Kindergarten

7.1.Erziehungspartnerschaft

Mit der Aufnahme eines Kindes in unseren Kindergarten gehen wir mit den Eltern des Kindes eine Erziehungspartnerschaft ein. Es ist uns sehr wichtig, dass wir im pädagogischen Austausch mit den Eltern sind, um die Kinder so gut als möglich ins Leben zu begleiten.

7.2.Elternabende

Die Teilnahme an den Elternabenden gibt den Eltern die Möglichkeit pädagogische Hintergründe zu erfahren, Einblick in das Gruppengeschehen zu erhalten, in die Abläufe miteinbezogen zu werden und Fragen stellen zu können.

7.3.Hausbesuche

Um die Beziehung zwischen Erzieherin und Kind zu stärken und das Kind in seinem sozialen Umfeld zu erleben, vereinbaren wir mit den Eltern einen Hausbesuch.

7.4.Öffentlichkeitsarbeit

  • Osterbazar und Tag der offenen Tür
  • Martinimarkt
  • Weihnachtsmarkt
  • Infoelternabend
  • Vortragsabende

7.5.Elternmitarbeit

  • Gemeinsame Feste
  • Großputz-Aktionen
  • Initiativkreis
  • Vorstandsarbeit
  • Familienausflug
  • Bastelkreise
  • Gartenarbeit

7.6.Elternvertreter

Zu Beginn des Kindergartenjahres werden zwei Elternvertreter gewählt. Sie sind Ansprechpartner für die Eltern und Erzieherinnen und haben verschiedene Aufgaben.

8.Teamleitung und Leitungsmanagement

Die pädagogische Leitung unseres Kindergartens wird von den Erzieherinnen getragen. Das Team entscheidet selbständig, über die inhaltliche Arbeit und trifft sich zur wöchentlichen Konferenz, die sich in einen pädagogischen und einen organisatorischen Bereich aufteilt. Dort wird die Planung und Durchführung von Kindergartenbelangen besprochen und entschieden.

Unser Kindergarten wird von unserem pädagogischen Personal selbst verwaltet.

Personelle Fragen werden bei Bedarf mit dem Vorstand besprochen und entschieden.

Im Vorstand sind: eine Erzieherin und mindestens 3 Eltern sowie eine außenstehende Person, welche die Kasse verwaltet und für die Buchhaltung zuständig ist. Diese beraten in den monatlichen Vorstandssitzungen über die Belange des Kindergartens. Wirtschaftliche und übergeordnete Fragen werden dort entschieden.

9.Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung

Fach-Fortbildungen werden von den Erzieherinnen selbst nach Bedarf und Interesse ausgewählt und vom Vorstand bis zu einem gewissen Betrag gefördert.

An dem Konzept des Kindergartens wird kontinuierlich weiter gearbeitet.

Das Kollegium nimmt regelmäßig an einer Supervision teil.

Jederzeit kann bei der Fachberatung unserer Region um Beratung in pädagogischen und wirtschaftlichen Fragen angefragt werden.

Die Zusammenarbeit mit den Waldorfkindergärten der Region Baden-Württemberg/Süd wird durch die mindestens drei Mal im Jahr stattfindenden Regionaltagungen gepflegt.

Auch besteht für die Erzieherinnen die Möglichkeit zur Teilnahme an der Herbstfachtagung der Internationalen Vereinigung der Waldorfkindergärten, sowie an speziellen Fachtagungen der Vereinigung.

10.Leitfaden im Konfliktfall (Beschwerdemanagement)

Wir alle – die Eltern und die Erzieherinnen wünschen uns ein harmonisches Miteinander. Dennoch ist es unvermeidlich, dass hin und wieder Probleme und Konflikte auftreten. Gut, wenn diese sich im direkten Gespräch der Betroffenen lösen lassen. Für die Fälle, in denen das nicht möglich ist, gilt dieser Leitfaden.

Der Schlichtungskreis

Der Waldorf-Kindergarten ist ein Ort, an dem verschiedene soziale Prozesse stattfinden. Dadurch entstehende Konflikte sind Ausdruck einer lebendigen Gemeinschaft.

Soziale Konflikte sollen vorzugsweise durch direkte Gespräche der betroffenen Personen miteinander gelöst werden. Ein diskreter Umgang der Beteiligten soll vermeiden, dass Dritte unnötig involviert werden.

Ist die Lösung des Konflikts im direkten Gespräch nicht möglich, wird der Schlichtungskreis zur Unterstützung bei der Konfliktlösung herangezogen.

Der Schlichtungskreis hat vier Mitglieder, hiervon sind jeweils zwei Elternvertreter/innen und zwei Vertreterinnen des Kollegiums. Jedes Gespräch wird immer von einem Kollegiumsmitglied und einem Elternvertreter gemeinsam geführt. Bei Befangenheit eines Vertreters, ist für diesen ein Vorstand zu wählen. Bei Bedarf wird vom Schlichtungskreis zusätzlich ein neutraler Berater zur Begleitung des Gesprächs berufen.

Ziel soll es immer sein, auftretende Konflikte konstruktiv zu bearbeiten.

Die Wahl der Elternvertreter des Schlichtungskreises erfolgt gleichzeitig mit der Wahl des Elternbeirats immer für zwei Jahre. Diese findet alle zwei Jahre beim ersten Elternabend zu Beginn des Kindergartenjahrs statt. Hier berichtet der Schlichtungskreis zudem jährlich über seine Arbeit.

11.Schlusswort

Die Arbeit an der Konzeption hat uns ermöglicht, gemeinsam in einen Entwicklungsprozess einzusteigen, der uns weiter führt.

Wir werden unsere Konzeption in regelmäßigen Abständen überprüfen, überdenken und ggf. ergänzen und verändern.

Unser Blick in die Zukunft richtet sich auf die Wahrnehmung unseres Waldorfkindergartens als eine Einrichtung, in der wir die sich ständig verändernden Lebensumstände zukunftsorientiert begleiten können, um in Zusammenarbeit mit den Eltern, den Kindern die Grundlagen für ein gesundes Erwachsenendasein zu geben.

Bei der Erstellung dieser Konzeption haben mitgewirkt:

Die Erzieherinnen:

Elisabeth Kaiser-Eberhart

Judith Steinmetz

Cornelia Dietmann

Für den Kindergarten-Vorstand:

Tina Riederer

Tamara Merk

Andreas Walter

Dražan Kajba

Wessingen, den 11. Mai 2016