Warum darf mein Kind nicht mitspielen ?

oder

Die Entwicklung von Sozialkompetenz im Kindergarten

Sozialkompetenz was ist das überhaupt? Alle sprechen davon, doch was genau bedeutet es sozial kompetent zu sein? Im Kindergarten z.B. bedeutet es unter anderem Kontakt aufnehmen zu anderen Kindern und auch zu den Erwachsenen. Vor-,mit-, und Nachmachen, gemeinsam etwas tun, mitspielen und andere mitspielen lassen.

Abstrakt formuliert ist es:

„die Fähigkeit, in sozialen Interaktionen seine eigenen Ziele zu erreichen und Bedürfnisse zu befriedigen und gleichzeitig die Ziele und Bedürfnisse von anderen zu berücksichtigen.“

Hier kann man also schon erkennen das es etwas mit mir UND mit dem Gegenüber zu tun hat. Im Kindesalter ist es am einfachsten soziale Kompetenzen zu erwerben und zwar nicht durch ermahnen und erklären, sondern durch gute Vorbilder. Dies beginnt im Elternhaus und setzt sich dann im Kindergarten und in der Schule fort. Es ist also sehr wichtig für die Eltern nicht nur die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen und zu befriedigen, sondern auch die eigenen! Denn schon hier können die Kinder erfahren das jeder Mensch wichtig ist und Bedürfnisse hat. Natürlich gehen elementare Bedürfnisse des kleinen Kindes vor, z.B. Nahrung, Wärme, Schutz und Trost und die Eltern müssen sich zu Gunsten des kleinen Kindes zurücknehmen, aber eben nicht bis zur Selbstaufgabe. Wenn die Kinder etwas älter sind kann das durchaus auch formuliert werden: „Ich weiß du möchtest jetzt mit mir spielen, aber ich brauche jetzt ein bisschen Pause, danach spielen wir dann zusammen.“ So wird das Bedürfnis des Anderen wahrgenommen und gleichzeitig auf die eigenen hingewiesen.

Kinder haben das Bedürfnis einerseits die Welt zu verstehen, zu wachsen und sich zu entwickeln, und andererseits sichere emotionale Bindungen zu haben. Die erste Bindung welche Kinder eingehen ist die zu den Eltern. Ist diese sicher und gefestigt, kann es sich auf weitere Bindungen einlassen. Diese finden meistens dann im Kindergarten statt.

Im Spiel mit den anderen Kindern lernt es sich am leichtesten und besten. Wie reagiert mein Gegenüber wenn ich mal richtig wütend bin? Wie reagieren die anderen Kinder wenn ich immer den Ton angeben möchte? Was passiert wenn ich mich auf ein Spiel einlasse, welches mich eigentlich nicht sofort überzeugt?

Kinder regeln das meistens ganz alleine untereinander, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommen. Die Erwachsenen müssen lernen sich zurückzunehmen und nur beobachtend wahrzunehmen. Wenn sie immer eingreifen, gewöhnen sich die Kinder daran von außen geleitet zu werden, echte Sozialkompetenz erwirbt man sich so aber nicht. Denn soziale Kompetenz hat nichts mit kognitiver Intelligenz zu tun sondern mit Erfahrung. Wir müssen darauf achten auch Freiräume zu schaffen, in welchen sie Erfahrungen mit Gleichaltrigen in der Gruppe machen können ohne die ständige Überwachung durch Erwachsene.

Sozialkompetenz ist wichtig für die Entwicklung der Kinder hin zu starken Persönlichkeiten, die eigenverantwortlich und gemeinschaftsfähig handeln können. Sie werden zu Menschen die aus sich heraus Entscheidungen treffen, Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und sich nicht nur nach Vorgaben von außen richten. Sie sind dann auch in der Lage bei einem Streit den Anderen und seine Interessen im Blick zu haben.

Zum Aufbau einer starken Persönlichkeit braucht der Mensch immer das Gegenüber, den anderen Menschen. Ich kann mich selbst leichter annehmen wenn andere mich annehmen und mich wichtig und wertvoll finden. Gleichzeitig befähigt es mich zur Selbstbestimmung, zur Wahrnehmung meiner Bedürfnisse und Wünsche.

Kinder haben sehr feine Antennen für Authentizität, sie spüren sofort ob etwas gesagt oder gemacht wird weil man das eben so macht, oder ob das Gegenüber es ernst meint und auch so lebt. Das merken pädagogische Fachkräfte am meisten da wo Regeln herrschen die einfach so übernommen wurden, unüberlegt oder auch entgegen der eigenen Überzeugung, an diesen Stellen gibt es dann immer wieder Diskussionen. Wenn die Pädagogen aber aus eigenem innerem Antrieb alle Menschen achten und mit Ehrfurcht behandeln, dann können die Kinder im Kindergarten dies auch nachahmen.

Eines der größten Geschenke die Eltern ihren Kindern, machen können ist: ein gutes Vorbild zu sein, sie erleben zu lassen was soziale Kompetenz bedeutet. Eine Möglichkeit ist es sich z.B. im Kindergarten zu engagieren, nicht weil ich es muss, sondern weil ich möchte das es dort wo mein Kind ist, schön ist und dort eine fruchtbare Gemeinschaft lebt. Sich in einer Gemeinschaft zurecht zu finden in der man nicht alles gut findet was dort geschieht, sich aber damit arrangieren kann und Kompromisse eingehen kann. Natürlich auch schon zu Hause, wie gehe ich mit meinem Partner, den eigenen Eltern, Putzfrauen usw. um.

Im Kindergarten gibt es unzählige Dinge die zur Bildung von sozialer Kompetenz gemacht werden. Wir spielen gemeinsam, wir räumen zusammen auf, jeder hilft jedem, wir essen zusammen, wir regeln Streitereien ohne Gewalt, wir sind mitfühlend dem anderen Gegenüber….

Die Pädagogen stehen den Kindern helfend zur Seite und versuchen zu vermitteln da wo es nötig ist, regen aber die Kinder dazu an selbst nach Lösungen zu suchen. Wir versuchen feine Antennen zu haben, wo ist ein: „Du darfst nicht mitspielen!“ ein echtes Nein und wo nur eines welches Andere vorgegeben haben. Wir helfen auch beim verarbeiten von einem Nein, wenn das andere Kind heute eben lieber mit einem anderen Spielpartner spielt. Wie gehe ich mit einer Zurückweisung um, ist ebenso eine soziale Kompetenz.

Ein Nein ist eben ein Nein, das gilt es zu akzeptieren auch wenn es manchmal schwer fällt. Spielgemeinschaften und Freundschaften lassen sich eben nicht erzwingen.

Wenn ein Kind beständig aus allen Spielgemeinschaften ausgeschlossen wird müssen die Pädagogen genau hinschauen woran es liegen könnte. Ist es in den Gruppe enVogue zu sagen dass es nicht mit machen darf? Fehlt es dem Kind an sozialen Fähigkeit und benötigt es Hilfe? Ist es eher ein Beobachter?

In unserem Kindergarten kennen wir alle Kinder sehr gut und können ein gutes Auge auf etwaige Schwierigkeiten haben und gegebenenfalls unterstützend eingreifen.

Zieht sich ein Kind aus allen gemeinsamen Aktivitäten raus und verweigert sie, kommen wir zu einem anderen Thema, nämlich: wie viel Individualität verträgt eine Gruppe?

Wir arbeiten immer darauf hin die Kinder mit einem gut gefüllten Rucksack in welchem alle notwendigen Kompetenzen stecken, in ihr weiteres Leben zu entlassen. Sie zu befähigen den Stürmen des Lebens zu trotzen und dabei fest verwurzelt zu bleiben.

„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“

J. W. von Goethe